Erkältung in Coronazeiten - Praktische Antworten auf drängende Fragen
Wird es mir mulmig im Bauch, wenn ich an den Winter denke - und wie!
Will ich mein altes Leben zurück – sicher!
Mag ich die Masken – nein!
Halte ich mich trotzdem an die Maskenpflicht - natürlich!
Aber Moment – es geht hier nicht um Wünsche, Gefühle, Glauben, Dogmen - es geht um praktische Lösungen für unseren Alltag und wenn wir nicht aufpassen, dann haben andere schon Lösungen gefunden, während wir noch am Streiten sind.
Krisen bringen Menschen normalerweise zusammen, weil wir uns in der Not gegenseitig helfen. Das war in dieser Krise nicht so. Die Coronakrise hat die Gesellschaft in verschiedene Lager gespalten, die sich gegenseitig bekriegen.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir dialogfähig bleiben sollten, uns auf unsere Gemeinsamkeiten besinnen, um eine Lösung zu erarbeiten und dieser Artikel ist ein Versuch dazu.
Muss mein Kind mit Husten oder Schnupfen daheim bleiben?
In der Vor-Coronazeit sind Kinder auch mit einem Schnupfen in die Schule oder in den Kindergarten geschickt worden, wenn es ihnen sonst gut ging. Wahrscheinlich wird das diesen Winter anders werden. So wie es aussieht, konzentriert man sich in den Schulen zwar auf das Hauptsymptom Fieber, aber die Empfehlung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ist, dass symptomatische Kinder daheim bleiben sollten.
Wie gesagt, niemand von uns hat eine Glaskugel und Du musst vom Schlimmsten ausgehen, nämlich, dass Du Dein Kind bei jedem Niesen daheim haben wirst. Am Besten ist, Du machst Dir schon jetzt Gedanken, wie Du in solchen Fällen die Betreuung Deines Kindes organisierst.
Kannst Du Dich mit anderen Eltern zusammenschliessen? Wie steht Dein Arbeitgeber und der Deines Ehemannes/Deiner Ehefrau dazu? Können/Wollen die Grosseltern mithelfen?
Ich hoffe, dass Du den Notfallplan nicht brauchen wirst, aber er gibt Dir Sicherheit in den kommenden Monaten.
Krankes Kind behandeln
Dahingehend hat sich nichts verändert. Du schätzt zunächst ein, ob Du Dein Kind gut daheim behandeln kannst, oder ob es einen Kinderarzt braucht.
Prinzipiell spielt bei der Behandlung die Ursache weniger eine Rolle. Du orientierst Dich an den Symptomen, denn der XY-Erkältungsvirus verursacht ähnliche Symptome wie ein Grippe-, oder auch ein Coronavirus.
Fieber
Bei der Behandlung unterstütze ich das Ziel, den Körper in der Abwehr von Erkrankungen auf natürliche Art und Weise zu unterstützen. Du erreichst das, indem Du Fieber nur bei Beschwerden (Schmerzen, Schlafstörungen, Kind will nicht trinken) senkst und ansonsten Dein Kind einfach ausruhen lässt.
Husten
Auch feuchten, produktiven Husten solltest Du seinen Lauf lassen. Gegen trockenen Husten hingegegen gibt es verschiedene natürliche Mittel, die Deinem Kind helfen werden.
Schnupfen
Auch hier versucht der Körper, sämtlichen Unrat schnell nach draussen zu befördern. Lass den Schleim also laufen und decke Dich mit Taschentüchern ein. Ausnahmen sind Kinder, die kaum schlafen können, weil sie durch die Nase keine Luft bekommen, oder wenn der Schnupfen auch nach längerer Zeit einfach nicht weggehen will.
Falls Du gern mehr über die natürliche Behandlung von Kindern lernen möchtest oder Dich unsicher fühlst bei der Einschätzung des Gesundheitszustandes Deines Kindes, kannst Du hier Kurse finden.
Grosseltern besuchen
Ausser um unsere Kinder machen wir uns auch Gedanken um unsere Eltern. Sollen wir sie besuchen? Mit Maske oder ohne?
Glücklicherweise sind unsere Eltern in den meisten Fällen in der Lage selbst zu entscheiden, was sie wollen. Ich würde es mit ihnen diskutieren und ihre Entscheidung dann auch akzeptieren.
Meine über 70-jährige Mutter hat sich entschieden, weiter jeden Tag arbeiten zu gehen und ihre Enkel einmal die Woche zu sehen. Natürlich mache ich mir Sorgen, dass sie sich ansteckt. Ich sehe aber auch, dass ihre Arbeit ihr soziale Kontakte, Beschäftigung und Tagesstruktur gibt – ganz zu schweigen von dem Gefühl, gebraucht zu werden. Wäre sie nur daheim, hätte ich Angst, dass sie depressiv oder sogar irgendwann dement wird.
Für Grosseltern, die nicht mehr selbst entscheiden können, musst Du entscheiden und die Argumente gut abwägen, denn die Entscheidung betrifft auch Deine Kinder, die Enkel Deiner Eltern.
Grippeimpfung
Das ist die Gretchenfrage, die ich oft höre: “Wie halten Sie es mit der Grippeimpfung?”. Die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) geben ein wenig Hilfe, aber viele Eltern stehen trotzdem da und wissen nicht, ob sie sich selbst oder ihre Kinder impfen lassen sollen, weil sie ja Kontakt zu Risikogruppen (meisten die Grosseltern) haben.
Wie ich schon beim Thema ”Besuch bei den Grosseltern” ausgeführt habe, musst Du diese Entscheidung nicht allein treffen.
Besprich das Thema mit Deinem Kinderarzt! Ich berate meine Patienten z.B. in der Praxis individuell je nach der Familiensituation.
Setze Dich danach mit Deinem Partner/Partnerin und den Grosseltern zusammen und lege die Fakten auf den Tisch. Dann könnt Ihr alle zusammen eine Entscheidung treffen.
Wie häufig sehen die Grosseltern ihre Enkel (jeden Tag oder nur alle paar Wochen mal)?
Werden die Besuche eingestellt, wenn die Kinder krank sind?
Haben sich die Grosseltern impfen lassen?
Wünschen die Grosseltern, dass sich die ganze Familie impfen lässt, damit sie sich sicher fühlen?
Denke bitte auch daran, dass die Altersgrenze für die Impfung nicht in Stein gemeisselt ist. So kann eine Grippeimpfung für einen 55-jährigen Raucher, der sich ungesund ernährt, nicht bewegt und jeden Tag auf Arbeit Stress hat, sinnvoller sein als für einen 70-jährigen, der fit wie ein Turnschuh ist.
Wie weiter mit den Masken?
Wir sind uns hoffentlich einig darin, dass unsere Gesundheit unser höchstes Gut ist.
Sowohl Maskenbefürworter, als auch Maskengegner führen diese als Grund für ihre Haltung an. Wir sollten aber nicht nur an uns, sondern auch an unsere Mitmenschen denken. Genauso geht es den Regierungen der einzelnen Länder, nur dass sie das Gemeinwohl über die Bedürfnisse von Einzelnen stellen müssen.
Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass verschiedene Länder, Kantone und Bundesländer verschiedene Verordnungen zum Schulbesuch der Kinder erlassen haben. In vielen Ländern wird die Entscheidung den einzelnen Regionalregierungen überlassen, teilweise sogar den einzelnen Schulen oder Kindergärten. Damit wird das Chaos perfekt, was auch nur zeigt, wie wenig wir im Moment eigentlich wissen.
Die Koronakrise hat uns alle überrascht und auch Experten können im Moment nur „educated guesses“ abgeben. Sie können eine Meinung äussern auf Basis der wenigen vorhandenen Daten. Belastbare Daten brauchen jahrelange Studien, viele Probanden, Geld und Organisation. All das haben wir (noch) nicht.
In fünf Jahren werden wir schlauer sein, welche Massnahmen wirksam und sinnvoll sind und welche nicht. Leider ist keiner von uns Hellseher. Trotzdem müssen Eltern im Moment eine Entscheidung treffen. Wie sollen sie das anstellen?
Sind Masken ein Gesundheitsrisiko für meinen eigenen Kinder?
Das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs durch eine Coronainfektion bei Kindern war von Anfang der Krise an gering. Daran hat sich nichts geändert – es gibt mittlerweile Hunderttausende bestätigte Coronaviruserkrankungen auch bei Kindern, und weiterhin eine sehr sehr geringe Rate an schweren oder sehr schweren Erkrankungen. Momentan gibt es Hoffnungen, dass sich eine mildere Variante des Virus durchsetzt, aber auch hier müssen wir zuwarten. So oder so habe ich persönlich als Mutter kein Problem damit, meine beiden gesunden Kinder mit oder ohne Maske in die Schule zu schicken.
Die Wahrheit ist, dass das Maskentragen über Stunden für Kinder wie auch Erwachsene kein Spass ist. Die Ansammlung von Feuchtigkeit kann das Atmen erschweren und zu Schwindel führen. Ich rede hier aber von einem Ärgernis, dass allenfalls auch das Lernen behindert, aber ein Gesundheitsrisiko sehe ich hier für gesunde Kinder nicht.
Die Sauerstoffzufuhr wird durch die Maske nicht beeinträchtigt, da die Kohlendioxidmoleküle klein genug sind, um durch die Poren der Maske zu entweichen. CO2 sammelt sich somit nicht unter der Maske an und die Kinder kollabieren nicht durch Sauerstoffmangel.
Bildung versus Gesundheit?
Für die Psychologie meiner Kinder finde ich es eher schädlich daheim zu sein, nicht aber mit einer Maske in die Schule zu gehen. Die Isolation daheim mit nur dem Laptop als Freund ist psychologisch belastender, als der Schulbesuch mit Maske, bei dem sie ihre Freunde sehen und normalen Schulunterricht haben können.
Neben der Gesundheit ist auch die Bildung ein hohes Gut und diese ist in der Coronazeit definitiv zu kurz gekommen. Nicht nur, dass unsere Kinder noch mehr vor dem Computerbildschirm gesessen haben, als sonst schon. Meist waren die Lektionen (wenn sie überhaupt stattgefunden haben) auch ineffektiver als der normale Schulunterricht.
MEINE grösste Sorge vor Schulbeginn waren nicht die Masken (und diese Debatte hat mich ein wenig überrascht), sondern, dass die Klassen weiter geteilt bleiben, der Unterricht suboptimal abläuft und unsere Kinder zu asozialen, ungebildeten, immobilen, ungesunden YOUTUBE- oder TIKTOK-Konsumenten werden.
Ich war deshalb hoch erfreut als ich gehört habe, dass meine Kinder wieder normalen Unterricht haben werden, wieder ihre Freunde sehen können, wieder eine Tagesstruktur haben – sicher besser ohne Maske aber im Zweifelsfall halt auch mit – es gibt Schlimmeres.
Je nach Fallzahlen und Schwere der Erkrankungen hoffe ich, dass in den kommenden Monaten die Maskenpflicht in den Schulen sowieso fallen wird, da immer mehr Zahlen darauf hindeuten, dass die Schule als Infektionsort eine untergeordnete Rolle spielt.
Coronatest
Wer muss sich wann testen lassen und wer muss wie lange in Quarantäne. Aktuell (September 2020) gelten für Kinder in der Schweiz folgende Empfehlungen. Da diese aber im Fluss sind, solltest Du Dich bei Deinem Kinderarzt informieren.
Wir alle sitzen in einem Boot - auch wir Kinderärzte wissen nicht, was da auf uns zukommt. Es kann sein, dass wir die Testung in der Praxis gut schaffen, oder wir werden total überlaufen sein.
Für Dich daheim bleiben viele Fragen, die Du erst im Verlauf des Winters wirst klären können.
Was machst Du mit Deinem Kind, wenn es ständig krank ist - immer wieder testen lassen?
Bei mehreren Kindern ist fast immer jemand krank, wie sollst Du da noch arbeiten gehen?
Gerade kleinere Kinder können auch mehrmals im Winter krank werden, dann ist man ja ständig nur mit Testen beschäftigt?
All diese Fragen sind berechtigt, aber momentan nicht zu beantworten. Konzentriere Dich auf die Dinge, die Du weisst und kannst und ich hoffe, dass ich Dir in den obigen Absätzen nützliche Anworten geben konnte.
Wir können uns nicht aussuchen, in welchen Zeiten wir leben, aber wir können entscheiden, wie wir damit umzugehen gedenken!