Kann ich mein Kind klassisch UND alternativ behandeln?

Wenn man ganzheitliche Medizin praktiziert, also nebeneinander klassische und alternative Therapiemethoden anwendet, dann muss früher oder später die Frage von Eltern kommen, wie dies überhaupt gehe.

Meistens sind es Eltern, die meistens mit ihrem Kind einen “normalen” Kinderarzt besuchen, und mich dann fragen, ob sie denn “einfach so” auch einmal ein homöopathisches Mittel geben können. Sie haben häufig die Vorstellung, man könnte nur entweder alternativ oder schulmedizinisch behandeln.

Oder es sind Eltern, die selten eine Kinderarztpraxis von innen sehen und ihre Kinder daheim behandeln. Sie sind versiert in Homöopathie und kennen einige gute pflanzliche Mittel, wollen aber vielleicht einmal Ibuprofen (z.b. Algofren, Nurofen u.a.) gegen Schmerzen geben weil das homöopathische Mittel nicht genug hilft.

Diese Eltern machen sich Sorgen, dass dann die Wirkung der anderen Heilmittel blockiert oder reduziert wird.

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Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs erst einmal an diese Fragen gewöhnen musste.

Eigentlich gibt es nämlich kein Entweder/Oder.

Für mich ist klar, dass jenseits aller Dogmen DIE Therapie für jedes Kind zur Anwendung kommen sollte, die idealerweise schnell zur Heilung führt und möglichst keine Nebenwirkungen hat. Je nach Problem kann das mal eine alternative, mal eine klassische Therapie sein.

Leider denken immer noch viele Ärzte, Therapeuten und Eltern in Extremen:

  • SCHULMEDIZINISCHES EXTREM: Es wird ausschliesslich mit chemischen Medikamenten therapiert, egal ob die Symptome immer wieder kommen, egal ob es zu einer Heilung kommt. Es werden ohne Wenn und Aber alle Impfungen nach Plan durchgeführt, ungeachtet des Risikoprofils des einzelnen Kindes - auch wenn das 5jährige Geschwisterkind autistisch ist. Alternative Methoden wirken erwiesenermaßen nicht und alle, die das Gegenteil behaupten, sind Quacksalber.

  • ALTERNATIV-MEDIZINISCHES EXTREM: Moderne Medizin wird komplett abgelehnt, was alle Impfungen und die meisten Medikamente umfasst, ohne das diese Therapeuten oder Eltern jemals ein Kind mit Polio oder Pneumokokken-Meningitis gesehen haben. Ärzte sind Advokaten des Teufels, stecken mit der Pharmaindustrie unter einer Decke und arbeiten eh nur für den eigenen Geldbeutel… oder so ähnlich.

Eines steht fest, mit dieser Art des Schwarz-Weiss-Denkens lebt es sich einfacher, denn man übernimmt einfach, was einem gesagt wird. Und das alles, obwohl wir alle wissen, dass unsere Welt nicht nur schwarz oder weiss ist.

Also was jetzt?

Die einfache Antwort auf die Frage ist natürlich - Ja, man kann klassische und alternative Medizin parallel anwenden.


Das setzt aber etwas Nachdenken und Wissen in diesen Bereichen voraus, weshalb ich die Frage etwas ausführlicher beantworten will:

  1. Du schadest Deinem Kind nicht, wenn Du vor, während oder nach der Gabe von klassischen Medikamenten auch ein gut ausgewähltes homöopathisches Arzneimittel verwendest. Die Wirkung z.B. eines Antibiotikums wird dadurch nicht beeinflusst.

    Andersherum gilt dies aber nicht. Die Wirkung von homöopathischen Medikamenten kann vor allem durch Kortison, aber auch durch Antibiotika zunichte gemacht werden.

    Andere Medikamente wie z.B. schmerzstillende oder fiebersenkende Medikamente können häufig sehr gut zusammen mit homöopathischen Arzneimitteln gegeben werden.

  2. Eltern, die selbst homöopathisch behandeln, sollten schon etwas Erfahrung damit haben und sicher sein, dass die Beschwerden ihres Kindes nicht durch ein schwerwiegendes medizinisches Problem verursacht werden. Wer sich beim einen oder anderen unsicher ist, sollte seinen Kinderarzt oder Homöopathen konsultieren.

  3. Bei chronischen Erkrankungen hilft die klassische Medizin mit ihren Medikamenten, die Symptome zu kontrollieren, kann aber in den meisten Fällen nicht heilen.

    Beim Asthma z.B. empfehle ich am Anfang, die Medikamente in gleicher Dosis weiterzuführen und parallel dazu eine alternative Therapie zu beginnen. Falls sich die Beschwerden Deines Kindes bessern, kannst Du in Zusammenarbeit mit Deinem Kinderarzt die Dosis der Medikamente langsam reduzieren und vielleicht sogar stoppen. Auf diese Art besteht kein Risiko für Dein Kind.

Was muss ich als Mutter wissen?

Wie schon beschrieben, sollten der schulmedizinischen Therapie keine Nachteile bei gleichzeitiger Nutzung von homöopathischen Mitteln entstehen.

Anders sieht das aus Sicht der Homöopathie aus.

Ich sehe hier 3 Probleme:

  1. Um ein passendes homöopathisches Mittel genau finden zu können, musst Du die Symptome genau beobachten und beschreiben. Wird z.b. ein Fiebersenker oder ein Schmerzmittel sofort gegeben, verändern sich auch die Symptome und die Mittelfindung wird viel schwieriger.

  2. Gibt Du ein Schmerzzäpfchen = Fiebersenker plus ein homöopathisches Mittel und es geht Deinem Kind danach besser, dann weisst Du am Ende nicht, welche Therapie geholfen hat.

    In der Anfangsphase einer Mittelohrentzündung ist mir das als Mutter vielleicht noch egal, wenn mein Kind vor Schmerzen schreit. Dann möchte ich einfach nur, dass es schnell besser geht. Ist das Problem nach einigen Tagen nicht gelöst, dann liegt der Schwerpunkt eher beim homöopathischen Mittel, da es im Vergleich zur rein symptomatischen Therapie auch zur Heilung führt.

  3. Wie oben schon beschrieben, können neben Kaffee und ätherischen Ölen auch Kortison und Antibiotika die Wirkung von homöopathischen Arzneimitteln aufheben.

    Jede regulatorische Therapie, wie z.B. die Homöopathie oder die Akupunktur, wirkt über die Steuerung eines intakten Immunsystems in die richtige Richtung. Das kann aber nicht funktionieren, wenn das Immunsystem durch Medikamente (z.B. Kortison) unterdrückt wird.


Welche Lösungen gibt es, damit alternative und klassische Therapien kombiniert werden können?


Eine Universal-Lösung gibt es nicht. 😐

Ganzheitlich arbeitende Ärzte und Eltern müssen über ein Grundwissen der entsprechenden Therapien verfügen und je nach Fragestellung entscheiden, wie genau therapiert werden soll. Eltern, die sich mit diesem Ansatz beschäftigen, finden ihn am Anfang mühsam. Im Laufe der Zeit lernt man sowohl sein eigenes Kind, als auch den Umgang mit verschiedenen Therapien besser kennen.

Häufig beobachte ich Folgendes: anfangs werden mehr klassische Medikamente gegeben, im Verlauf wird mehr und mehr mit Naturheilmitteln erfolgreich behandelt, bis man keine oder fast keine Medikamente mehr braucht.

Der Nutzen dieser Herangehensweise bei akuten und vor allem bei chronischen Erkrankungen ist für mich (auch nach Jahren) immer noch eindrucksvoll, v.a. in Bezug auf die Homöopathie.

Da ich meine Laufbahn als klassische Ärztin begonnen habe, konnte ich mir absolut nicht vorstellen, dass echte Ergebnisse mit “Zuckerglobuli” möglich sind - maximal ein Placebo-Effekt. Die Realität hat mich eines Besseren belehrt.

Vielleicht ist es hilfreich, meine Herangehensweise an einem Beispiel zu erläutern:

Ein 3-jähriges Mädchen wacht in der Nacht weinend mit Ohrenschmerzen auf. Anhand des Bildes entscheide ich mich für eine homöopathische Therapie mit Aconitum C30 alle 10-15 Minuten und bereite einen Zwiebelwickel vor für das Ohr.

Falls mein Kind nach einer Stunde immer noch Schmerzen hat, dann werde ich es aber nicht noch weiter leiden lassen, weil ich das “böse Schmerzmittel” nicht geben will. Ich gebe also Ibuprofen und die Situation beruhigt sich in der Nacht.

Am nächsten Morgen kann ich mein Kind nochmals einschätzen und schauen, welches homöopathische Mittel vielleicht besser passt, als Aconitum. Wenn ich eins identifizieren kann, gebe ich es und beobachte das Kind weiter.

Und wenn mein Kind schwer krank ist und viele Medikamente nimmt? Wie kann ich dann alternativ behandeln?

Ich persönlich halte nichts davon, bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen die klassische Therapie einfach zu stoppen.

Diese Kinder haben sich sozusagen einer medikamentösen Therapie “gewöhnt”. Ein abrupter Stopp führt nur zur Verschlimmerung der Symptome und kann ein Kind nicht nur ins Spital, sondern unter Umständen auch in Lebensgefahr bringen.

Stattdessen kann man parallel eine alternative Therapie einführen und den Verlauf der Symptome abwarten. Im Verlauf geht es dem Kind allmählich besser, und die Medikamente können ganz oder teilweise ausgeschlichen werden.

Alle Therapien haben je nach Krankheit ihren Stellenwert.

Gerade aber Kindern, die aufgrund von chronische Erkrankungen (z.B. Asthma, chronischer Husten, Infektanfälligkeit) einen Haufen Medikamente nehmen müssen, bietet die Alternativmedizin Therapieoptionen, die ich noch vor einigen Jahren für unmöglich gehalten hätte.

Gute Besserung! 🌷



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