Wie kann ich das Immunsystem meines Kindes stärken?

Die beste Ernährung für ein starkes Immunsystem - gibt es die überhaupt?

“Also Frau Doktor, was soll mein Kind denn jetzt essen, damit es nicht mehr so häufig krank wird?”

Danach werde ich soooo häufig gefragt - und gerne! 🤗

Für mich ist in dem Moment, in dem sich Eltern diese Frage stellen, schon das Wichtigste passiert. Sie sind sich der Bedeutung der Ernährung endlich bewusst. Das will etwas heissen, wenn ich sehe, was Kinder sonst so alles in sich hineinstopfen. Der Entscheidung für eine gesündere Ernährung der ganzen Familie applaudiere ich mit Händen und Füssen.

kinderernaehrung-immunsystem.png

Literatur zum Thema gibt es zu Hauf, aber am Ende weiss ich als Mutter und als Kinderärztin, dass die Ernährung der Kinder nicht nur davon abhängt, welche Liste gesunder Nahrungsmittel ich finde. Sie hängt eben auch vom individuellen Geschmack meiner Kinder ab. Ich bin als Ärztin bereits froh, wenn Kinder auch nur einige der unten genannten Lebensmittel regelmässig essen.

Damit wir als Eltern nicht ganz in der Luft hängen, gibt es einige Grundlagen zur langfristigen Stärkung des Immunsystems:

1. Frische Früchte und Gemüse

Na genau, DAS hat gerade gefehlt, noch eine, die mit dem “frische Früchte und Gemüse” - BlaBla daherkommt, stimmt’s? 😆

Nun, ich wette, nicht jeder in Deiner Familie isst jeden Tag Obst und Gemüse - in meiner Familie schaffen wir es zumindest nicht immer und dabei tue ich mein Bestes, ehrlich! Falls Ihr es tatsächlich schon schafft, dann nehme ich alles zurück, aber vielleicht ist in diesem Artikel noch das ein oder andere Neue für Euch mit dabei.

gemuese-kinder-immunsystem.png


Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen ich zwischen Arbeit im Krankenhaus, Supermarkt, Kindern und Mikrowelle gependelt bin. Wie in Trance habe ich die einfachsten Dinge (= Fertiggerichte) gekauft, obwohl ich zumindest in der Theorie genau wusste, was gesund ist. Man kann es offensichtlich nicht oft genug hören, bis irgendwann der Schleier von den Augen fällt. 

In einer idealen Welt hast Du einen Garten mit frischem Obst und Gemüse, den Ihr nach Permakulturprinzipien bearbeitet. Daraus beziehst Du Deine Nahrung am besten roh oder etwas gekocht. 

In der realen Welt gehen wir in den Supermarkt und nehmen im besten Fall Früchte/Gemüse mit nach Hause. Meist kommen diese von was-weiss-ich-wo in der Welt, haben eine lange Reise hinter sich und ähneln einem Chemiebaukasten.

Zu Hause legen wir diese in den Kühlschrank, in dem sie auch nach 10 Tagen noch toll aussehen, ihre wenigen Nährstoffe noch fast verlieren und dann irgendwann von uns gegessen werden, falls wir sie nicht vergessen und sie dann irgendwann doch verfaulen und weggeschmissen werden 😞. Was mich betrifft, ist der Kühlschrank nicht immer so praktisch, denn er hindert uns daran, Nahrungsmittel frisch zu konsumieren. 

Das muss aber nicht so sein - es geht auch anders:

  1. Vor allem frische Lebensmittel sollte man nicht unnötig aufbewahren - kaufen und essen!

  2. Sobald Früchte geschnitten werden und die Schnittfläche in Kontakt mit der Luft kommt, werden Vitamine durch Oxidation zerstört. Am besten Du isst oder verarbeitest alles frisch. 

  3. Im frisch gepressten Saft sind nach 24 Stunden auch nicht mehr viel Vitamine drin. Besser ist, die Früchte direkt zu essen, oder den Saft rasch zu trinken - am besten alle Familienmitglieder in die Küche dazurufen und den Saft verteilen!

  4. Das Nächstbeste zum frischen Produkt ist die Tiefkühlware: diese wird meist im Schnellverfahren eingefroren, und enthält noch viele Nährstoffe und Vitamine. Frisch kaufen und danach tiefkühlen… macht weniger Sinn. 

gesundes-essen-abwehrkräfte.png

Am besten Du stellst Dir vor, Du hättest keinen Kühlschrank :-) Wer die Möglichkeit hat, aus dem Stadtgarten, Dachgarten, Mini-Balkongarten, Schrebergarten oder Mietgarten frisches Obst und Gemüse zu holen, ist natürlich der König.

Das wünsche ich allen, die sich für die Natur und gesunde Ernährung interessieren. Vielleicht kennst Du auch jemanden, der zuviel für sich selbst hat und gern etwas verkaufen oder abgeben möchte. Für mich sind chemiefreie Produkte Gold wert. Das gilt auch für Eier, Milch oder Fleisch vom Bauern in der Nähe, wenn man weiss, wie die Tiere gehalten werden. 

Dank meines Mannes haben wir in unserem kleinen Garten von 30m² alles Mögliche, sogar rote Beete! (Die rote Beete hatte im ersten Jahr nur so gross wie eine Kirsche 😦 aber nach und nach lernen wir dazu.)

Wie gesagt, am Anfang kann alles ein wenig harzig sein, aber mit Durchhaltevermögen klappt es dann doch!

drkemper-beete.png


2. Kaltgepresste Öle oder natürliche tierische Fette (mit viel natürlichem Cholesterin)

Vielleicht machst Du bei dieser Überschrift mit “viel Cholesterin” grosse Augen. Ich propagiere z.B. die Nutzung des Naturprodukts Butter anstatt Margarine. Margarine ist eine industriell hergestellte, “falsche” Butter und deutlich weniger gut, als sie beworben wird.

Die Angst vor Cholesterin ist leider immer noch riesengroß, auch wenn wir inzwischen wissen, dass unser Körper unabhängig von der Nahrungsaufnahme den Grossteil davon produziert.

Die meisten Leute denken immer noch, dass zum Beispiel Salz oder Eier gesundheitsgefährdend sind, weil sie Herz und Gefässen schaden würden. Dem ist aber NICHT so. Menschen die ein hohes Alter erreichen, achten häufig nicht auf Salz- und Eierreduktion. Das ist eine Erfindung der vergangenen Jahrzehnte. Diese Lebensmittel wurden zu ihrer Zeit ganz normal konsumiert, also mehrmals die Woche Eier (teilweise sogar roh). 

cholesterin-was-essen.png


Zum Cholesterin sollte man wissen, dass:

  • Cholesterin ein natürliches Produkt tierischer Organismen ist (also auch von uns, wir sind ja keine Pflänzchen!!!) und als solches absolut notwendig für die Zellfunktion, da es als struktureller Bestandteil in ALLEN Zellmembranen vorkommt. Die Leber produziert das meiste Cholesterin in unserem Körper. Zwanzig Prozent nehmen wir aber durch die Nahrung auf und ein Grossteil davon wird sozusagen “rezykliert”, damit das Cholesterin nicht verloren geht. 

  • Cholesterin aber auch wichtig für unser Nervensystem (Psyche, Verhalten, Gedächtnis), Hormone, Fortpflanzung, Stoffwechsel, sowie unser Immunsystem ist.

  • Wenn gesunde, normalgewichtige zwei-, drei- oder vierjährige Kinder ständig Cholesterinuntersuchungen bekommen und strenge Diäten einhalten müssen trotz normaler Familienanamnese, das einfach nur Unsinn ist.

    Kinder haben fast immer einen höheren Cholesterinspiegel als Erwachsene, weil alle ihre Körperfunktionen und -bestandteile am sich entwickeln sind und dafür braucht es Baustoff. 

  • An dieser Stelle möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die sogenannten “Normwerte” heutzutage deutlich niedriger sind, als noch vor 10 bis 15 Jahren.

    Obwohl ich wirklich kein Anhänger von Verschwörungstheorien bin, ist es doch auffällig, dass Studien, die sich mit der Erstellung von Normwerten beschäftigen, häufig von Arzneimittel- (Cholesterin muss mit Medikamenten gesenkt werden) oder Nahrungsmittelkonzernen (Butter ist schlecht, Margarine ist gut) finanziert werden. Als Folge dessen muss ein immer grösserer Anteil der Bevölkerung Pillen schlucken und sieht sich genötigt, zusammengemixtes Streichfett zu essen, weil das angeblich gesünder ist. 


Ich könnte noch auf unbestimmte Zeit bei diesem Thema bleiben, möchte aber lieber weitermachen mit den Fetten/Ölen, die ich vorziehe. 

  1. Frische Butter und Sahne/Rahm

  2. Lebertran (möglichst in Bio-Qualität)

  3. Frische Eier für Kinder über 12 Monaten

  4. Fettiger Fisch (Lachs, Sardinen, Hering)

  5. Kaviar (Ihr dürft schon lachen, aber alle Arten von Fischeiern sind sehr nahrhaft)

  6. Kaltgepresstes Olivenöl

  7. Avocadoöl

  8. Kokosöl (nicht flüssig bei normaler Raumtemperatur)

  9. Nüsse (Walnüsse, Mandeln, Cashew, Macadamia) und Samen

  10. Tierische Fette in kleinen Mengen (max. 1 bis 2 Mal die Woche)


3. Ein genauerer Blick auf Milch und Milchprodukte

Das ist ein anderes grosses Kapitel und als ich in der Praxis damit begann, die Milch zum Thema zu machen, da stiess ich auf ein grosses M (M wie die Mauer in GAME OF THRONES).

Müttern und Grossmüttern war die Frage: ”Waaaas, ich soll dem Kind keine Milch mehr geben?” quasi auf die Stirn geschrieben. In diesem Moment hielten sie mich wahrscheinlich für komplett durchgeknallt, einige haben sich vielleicht gefragt, warum ich ihnen empfohlen worden war. 

Inzwischen hat sich das - ZUM GLÜCK - geändert. Die Eltern fragen sich nicht mehr, was ich denn geraucht habe und das Sortiment der Supermärkte hat sich ebenfalls verbessert.

Natürlich sind Soja-  oder Mandelmilch keine richtige Milch im eigentlichen Sinne, aber bei Kindern, die auf Kuhmilchkonsum mit Verschleimung oder Verdauungsproblemen reagieren und auf Milch nicht verzichten wollen, eine gute Alternative. 

milch-kinder.png

Falls auch Dein Kind wirklich auffällig häufig “Erkältungen” hat oder verschleimt ist und Du gemerkt hast, dass sich die Situation durch Weglassen von Milch- und Milchprodukten deutlich bessert, dann ist die Frage, welche Alternativen Du hast.

Einen Versuch wert sind auf jeden Fall Schafs- oder Ziegenmilch, die meist besser verträglich sind. Meine eigenen Kinder mochten den Geschmack am Anfang nicht, wollen aber heute gar keine andere Milch mehr. Besonders bei unserem Sohn hat das die Erkrankungshäufigkeit massiv reduziert, auch wenn meine Mutter das immer noch nicht ganz glauben will. 

Aber WARUM verursacht Kuhmilch bei manchen Kindern diese Verschleimung? Hier ist die Antwort in einigen wenigen Punkten zusammengefasst:

  • Der Proteinanteil der Kuhmilch ist 3 mal so hoch, wie der von Muttermilch. Das ist auch verständlich, denn Kälber wachsen viel schneller, als unsere Kinder. Das Verdauungssystem kommt nicht immer gut damit klar und so kann es zu Entzündungen, Blähungen oder Stuhlgangsunregelmässigkeiten kommen. 

  • Der Mensch ist das einzige “Tier” auf diesem Planeten, dass die Milch eines anderen Tieres konsumiert. Unter von der Natur vorgesehenen Bedingungen nehmen Babys und Kleinkinder für ein bis zwei Jahre Muttermilch zu sich, denn es folgen weitere Geschwister nach. Bei ausgewogener Ernährung ist es für Kinder im Alter über zwei Jahren überhaupt kein Problem, ganz ohne Milch auszukommen. 

  • Frische Rohmilch bekommt man so gut wie nirgends mehr. Aus Angst vor Brucellose, aber auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen, wird die Milch nun pasteurisiert, hocherhitzt und ist (fast) ewig haltbar. Leider gehen dabei auch die Bakterien und lebendigen Zellen zugrunde, die uns die Verdauung der Milch erleichtern und machen sie somit für den Menschen sowohl weniger gehaltvoll als auch schlechter verdaulich. Besser man trinkt keine Milch, es sei denn man findet noch Milch von gesunden Tieren, die so wenig wie möglich verarbeitet wurde. 

    Das alles schreibe ich nicht gern, schließlich bin ich selbst mit Milch groß geworden und mag sie noch immer. ABER: Besonders gesund war ich weder als Kind, noch als Jugendliche. Das verbesserte sich erst aber dem Alter von 24 Jahren, als ich mein Medizinstudium abgeschlossen hatte und mich mehr mit meiner eigenen Gesundheit beschäftigte und seitdem geht es mir massiv besser. 


4. Probiotische Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel

Wir betreten nun die Welt der Mikroorganismen innerhalb und außerhalb unseres Körpers. Mich beschäftigen vor allem die Bakterien, die unseren Körper “bewohnen”. Falls Du Dich damit bisher nicht beschäftigt hast, empfehle ich Dir einen anderen Artikel, der sich mit dem Mikrobiom befasst, einem meiner Lieblingsthemen. Ansonsten fasse ich hier in einer Ultrakurzversion das Wichtigste zusammen.

mikrobiom-kinder.png


ZEHN MAL MEHR Bakterien leben in uns, als unser Körper eigene Zellen hat - Wahnsinn, oder? Aus dem Blickwinkel der Bakterien sind wir wahrscheinlich ein interessantes Hotel mit diversen Lebensräumen mit verschiedenen Temperaturen, pH-Werten, Orte mit und ohne Sauerstoff usw. 

Genauer untersucht hat die Wissenschaft bisher etwa ein Prozent all dieser Bakterien.

Mit anderen Worten wissen wir heute… so gut wie gar nichts über den bakteriellen Mikrokosmos, der sich in uns befindet. Ich frage mich manchmal, für wie verrückt uns unsere Nachfahren in 200 Jahren halten werden, dass wir so wenig über uns selbst wussten. 

Die meisten dieser Bakterien sind “gute” (“einheimische”) Bakterien, die mit uns zum gegenseitigen Nutzen zusammenleben. Sie sind enorm wichtig für unsere Verdauung, den Stoffwechsel, das Immunsystem, die Produktion von Hormonen. Durch Letztere beeinflussen Bakterien auch unsere Psychologie, unser Verhalten. Falls Du mehr darüber erfahren möchtest, empfehle ich Dir Artikel über die GAPS-Diät bei Kindern mit Autismus zu lesen. 

Im letzten Jahrhundert haben wir uns sehr von unseren Wurzeln entfremdet. Wir leben in einer sauberen, ja fast sterilen Umgebung und bevorzugen künstliche Farben, Kleidung, Baustoffe usw. Hast Du mal versucht, in einem Geschäft Socken mit einem Baumwollanteil von über 95% zu finden? Ich werde jedenfalls nur noch online fündig.

Unsere Lebensmittel sind hoch verarbeitet und Pflegeprodukte sind meist alles andere als naturbelassen. Und auch wenn hier in der Schweiz chlorhaltige Reinigungsmittel nicht so beliebt sind, wie in meiner alten Heimat Griechenland, so werden trotzdem mehr gute Bakterien vernichtet, als dies wirklich notwendig ist. Darunter leidet unter anderem unser Immunsystem. 

Wir tun so viel, um unseren kleinen Mitbewohnern zu schaden, dass sich die Frage aufdrängt, was und wie wir ihnen etwas Gutes tun können. Unter anderen müssen wir uns weniger “modern” ernähren, also Nahrungsmittel mit wenig oder keinem Zucker bevorzugen, sowie natürliche Konservierungsmethoden und Nahrung, die bereits gute Bakterien enthält. 

  • Milch- und Milchprodukte aus Ziegen- oder Schafsmilch (je frischer, desto besser)

  • Naturjoghurt oder selbstgemachter Joghurt

  • Schwarze Schokolade mit über 90% Kakaoanteil

  • Hülsenfrüchte

  • Kefir

  • Apfelessig oder andere Essigsorten

  • Sauer eingelegtes Gemüse (z.B. Sauerkraut) - nicht pasteurisiert vom Regal!

  • Unpasteurisierter Käse

  • Eingelegter Fisch

  • Oliven in Salzlake

  • Für Erwachsene darf es auch mal Bier oder Wein sein

probiotika-kinder-immunsystem.png

Andere ausgezeichnete probiotische Lebensmittel (z.B. Kombucha, Tempeh, Kimchi, Miso, Natto, Kvass) habe ich hier nicht angeführt weil… eher exotisch für die meisten von uns. Es ist sicher kein Fehler, diese herzustellen und zu konsumieren. Es hat aber jede Region über Jahrhunderte ihre eigenen Konservierungsmethoden und eigene Produkte entwickelt, so dass man nicht unbedingt in die Ferne schweifen muss.  

Willst Du wissen, wie Du das Immunsystem Deines Kindes schrittweise aufbaust? Eine Anleitung dazu findest Du hier.

Zurück
Zurück

Mein Baby hat Husten! Wann muss ich zum Arzt?

Weiter
Weiter

Fieberkrämpfe im Schlaf bei Kindern