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Mein Kind isst nicht

Heute geht es weniger darum WAS genau Dein Kind isst, sondern dass es überhaupt wenig oder “schlecht” isst!

Und, um Missverständnisse zu vermeiden: in diesem Artikel widme ich mich GESUNDEN Kindern, die einfach nur wenig essen wollen.

Zeichnung und Copyright: R. Zoidi @coucou_illustrations

Falls Dein Kind eine Wachstumsverzögerung aufgrund von organischen Problemen hat, kannst Du natürlich trotzdem weiterlesen, denn vieles hat auch in diesem Fall Gültigkeit.

Du solltest es dann einfach auch mit Deinem Kinderarzt durchsprechen, denn er kennt (neben Dir) Dein Kind am besten!

Appetitlose Kinder und Wahrnehmung der Eltern

Unser Überlebenswille ist tief in uns verankert und als Mutter/Vater macht es Dir sicher Angst, wenn Dein Kind NIX isst. 😟

Unsere allererste Aufgabe als Eltern ist doch schliesslich, dass Überleben unserer Kinder sicherzustellen, oder?

In der Praxis höre ich nicht selten Sätze wie:

  • “Er isst total schlecht!”

  • “Ich habe schon alles versucht. Ich weiss nicht, was ich noch machen soll!”

  • “Sie isst fast gar nichts!”

  • “Sie können sich nicht vorstellen, was für ein Theater sie immer mit dem Essen macht!”

Denke einfach immer daran, dass manche Kinder von der Grundkonstitution her einfach “schlechte Esser” sind und immer sein werden.

Später werden sie zu schlanken Erwachsenen, die nie eine Diät machen müssen und grundsätzlich beneidet werden von ihren Freuden. 😉

Bis dahin aber… wird sie leider viel Ärger mit ihren Eltern haben um… jeden Bissen. 😞

Und eigentlich hasse ich diesen Ausdruck: “schlechte Esser”. Es unterstellt irgendwie, dass die Kinder etwas böswillig machen, dabei haben sie einfach weniger Interesse am Essen als ihre Geschwister, Verwandte oder Freunde. Das wird ihnen später sehr viel weniger Probleme machen als Übergewicht, welches ich bei Kindern in der Praxis leider immer häufiger sehe!

Denke einfach mal darüber nach!


Aus jahrelanger Erfahrung kann ich sagen, dass etwa 9 von 10 Eltern, die wegen mangelndem Appetit ihrer Kinder in die Praxis kommen, keinen Grund zur Sorge haben.

Zeichnung und Copyright: R. Zoidi @coucou_illustrations

Besonders Kinder im Alter von 1-6 Jahren können unglaublich wählerische Esser sein und teilweise sehr, sehr wenig essen. Viele Kinder essen sehr wechselhaft: an manchen Tagen essen sie gerne und normale oder grosse Portionen, an anderen Tagen nehmen sie scheinbar nur Luft zu sich. Manchmal nehmen sie monatelang gar kein Gewicht zu.

Der Appetit kann bei völlig gesunden (!) Kindern in diesem Alter innerhalb eines breiten Spektrums schwanken bis er sich auf ein für uns “normales” Niveau einpendelt.

Versuchst Du in dieser Zeit, Dein Kind zum Essen zu zwingen oder irgendwie zu überlisten, dann wirst Du langfristig nicht nur scheitern, sondern auch total die Nerven verlieren.


Appetitlosigkeit und Wachstum von Kindern

Wachstumsgeschwindigkeit

Sind die Kinder einmal älter als 12 Monate, dann wachsen sie viel, viel langsamer als vorher. Sie brauchen also ab dem 1. Geburtstag auch viel weniger Essen im Vergleich zu ihrem Körpergewicht!

Ein gesundes 12 Monate altes Kind wird im Vergleich zu seinem Körpergewicht also weniger essen als ein 6 oder 8 oder 10 Monate altes Kind.

In solchen Fällen beunruhigt die Eltern, dass ihr Kind im Vergleich zu früher weniger isst und ich kann sie dahingehend beruhigen.

Besonders beim ersten Kind musst Du Dich erst einmal daran gewöhnen, dass Du Dein Kind nicht mehr ständig wiegen musst, weil es einfach nicht mehr so schnell zunehmen wird, deshalb auch weniger isst und dass das alles ganz normal ist!

Nehmen die Kinder dann noch während einer Krankheitsphase ab (auch völlig normal), dann ist die Panik gross.

Irgendwas stimmt hier nicht!!! 😱

Das sagst Du Dir vielleicht auch, aber das Abmagern der Kinder nach Krankheiten ist tatsächlich völlig normal. In den Folgewochen nach einer Krankheit steigt das Gewicht wieder auf das Vor-Krankheits-Niveau.

Vorsicht: Bei Kleinkindern im 1. oder 2. Jahr in der Kinderkrippe - genau dann, wenn sie ständig irgendwie krank sind - kann das Gewicht über viele Wochen oder Monate stocken. In den Ferien können die Kinder dann teilweise 1-2 ganze Kilo plötzlich zunehmen.

Umstellung auf selbständiges Essen - isst mein Kind deswegen so wenig?

Ab dem Alter von ca. 15-18 Monaten essen Kinder immer mehr selbständig und wollen auch selbständig darüber entscheiden, wieviel sie essen.

Bis dahin hattest Du als Mutter/Vater vielleicht darüber “entschieden”, wieviel gegessen wird und wann Dein Kind genug hatte.

Manche Eltern übertreiben es hier ein wenig und “mästen” fast ihre Kinder. Die Kinder “korrigieren” das dann, sobald sie selbständig essen und die Eltern bekommen den Eindruck, dass ihr Kind nicht mehr essen mag.

Ich nehme mich da selbst nicht aus. Meine Tochter war ein schweres Baby (eine “gute” Esserin) und wog ca. 9kg mit 6 Monaten. Zwischen 6 und 18 Monaten hat sie dann aber weniger als 1 Kilo zugenommen.

Ihr Körper hat eben wieder ins Lot gebracht, was ich vielleicht übertrieben hatte.


Ist mein Kind zu beschäftigt? Isst es vielleicht deswegen so wenig?

Du hast das sicher auch schon mal erlebt: Irgendetwas total Spannendes fesselt Dich und Du vergisst völlig das Essen.

Das Gegenteil gibt es auch: “Mir ist langweilig! Ich könnte ja zum Kühlschrank gehen und was essen.”

Je älter Kinder sind, desto intensiver erleben und erforschen sie ihre Umwelt. Sie haben sozusagen Wichtigeres zu tun, als zu essen. Sie sind keine Babys mehr und der Inhalt der Küchenschränke ist interessanter als der Inhalt des Tellers…! 😒

Zeichnung und Copyright: R. Zoidi @coucou_illustrations


Kinder sind wählerisch beim Essen

“Gestern haben sie das Grünzeug noch gegessen und heute mögen es meine Kinder plötzlich nicht mehr!”

Das kommt nicht selten vor und manchmal nennt Dir Dein Kind einen Grund wie komisches Gefühl im Bauch oder komischer Geschmack. Oder, natürlich, Du hörst “mag ich nicht” oder “es ist eklig/grusig/grün”. Mehr dazu in diesem sehr hilfreichen Artikel!

Nicht alle Kinder machen das, aber es es kann ein Meilenstein in der Entwicklung von Selbständigkeit und Selbstbestimmung sein.

Auch dieses Verhalten muss nicht korrigiert werden, weil es gesund und normal ist.

Essensportionen für Kinder

Gewisse Dinge kann ich mir als Kinderärztin schlecht vorstellen, wenn ich sie nicht mit meinen eigenen Augen gesehen habe:

Ich lasse deshalb Eltern, quasi als Hausaufgabe, die Essensportionen ihrer Kinder fotografieren.

Dabei stellt sich dann heraus, dass die Teller 2-3mal voller sind, als sie sein sollten. Wenn die 2- bis 3-jährigen diese übergrossen Portionen nicht aufessen, dann werden sie wie Babys gefüttert.

So lernen Kinder natürlich nicht, was ein normales Sättigungsgefühl ist und auf ihren eigenen Körper zu hören.

Bis circa 12 Monate müssen Kinder gefüttert werden. Danach bieten wir ihnen Essen an und sie können selbst entscheiden, ob und wieviel sie essen. Am Anfang der Mahlzeit essen und matschen sie selber, danach helfen wir noch ein wenig nach. Diese Übergangsphase dauert häufig bis nach dem 2. Geburtstag. Noch später entscheiden sie dann völlig selbständig über Menge und Art der Lebensmittel.

‼️Merke: wenn ein Kleinkind bereits 2-3mal den Kopf vom Löffel abgewendet hat, ist die Mahlzeit spätestens dann vorbei.

Du musst Dich als Vater/Mutter eben auch entwickeln. Manche Eltern meistern das instiktiv mit Bravour und andere brauchen länger und ein wenig Unterstützung.


Appetitlosigkeit bei Kindern - hat das auch mit unserer Familiendynamik zu tun?

Der Esstisch ist leider auch das Feld, auf dem epische Schlachten stellvertretend für andere Probleme in der Familie ausgetragen werden.

Da geht es um gegenseitigen Respekt und Zusammenarbeit zwischen den Eltern als Paar, oder den Eltern und den Grosseltern. Wenn ein Elefant im Raum ist, den man nicht benennen darf, dann muss das Thema “Essen” als Ventil herhalten. Häufig sind es Beziehungsprobleme oder finanzieller Stress, und darüber lässt es sich schlecht streiten - darüber aber, was und wieviel das Kind gegessen hat, kann man sehr viel und lange streiten.

Ich habe Mütter in der Praxis gehabt, die einen Psychiater sehen mussten, weil ihnen immer wieder gesagt worden ist: “Du bist Schuld, dass das Kind nicht isst!”

Irgendjemand “muss” schliesslich Schuld sein und auf diese Weise zeigt sich auch nur, wer in der Familie (noch) das Sagen hat.

In Wirklichkeit ist es Niemandes Schuld: jedes Kind ist ein Individuum, das selbst über seinen Appetit und seine Vorlieben beim Essen entscheidet. Streit macht alles nur schlimmer!


Mein Kind isst nicht - die 9 besten Tipps der Kinderärztin 👩🏻‍⚕️

  1. Schau mehr auf Dein Kind als auf seinen Teller. Der Körper Deines Kindes hat seine eigene Weisheit. Wenn es glücklich und gesund ist und sich gut entwickelt, dann kannst Du beruhigt einen Gang zurückschalten.

  2. Zusammen essen: Achte darauf, dass Du nicht nur dasitzt und Dein Kind fütterst, es beobachtest oder immer darüber kommentierst, was es isst oder nicht isst. Stell’ Dir mal vor, ob es Dir an seiner Stelle gefallen würde? Am Tisch spricht man über andere spannende Dinge und Dein Kind kann sich so daran gewöhnen, dass sich nicht nur alles um sein Essen dreht, sondern jeder seinen eigenen Teller hat und isst.

  3. Zusammen kochen: Selbst etwas herstellen ist anders, als etwas Fertiges zu bekommen. Dein Kind sieht, welche Zutaten in den Topf kommen und kann selbst etwas machen. Das ändert auch die Einstellung zum Essen selbst.

  4. Neues immer wieder anbieten: Neue Dinge werden die ersten Male vielmals nicht angerührt. Das kannst Du unkommentiert lassen. Biete die gleichen Lebensmittel immer und immer wieder zusammmen mit bekannten und beliebten Sachen an. Es braucht im Schnitt 10 bis 15 Versuche bis das Eis gebrochen ist.

  5. Mahlzeit zeitlich begrenzen: 20 bis 30 Minuten halte ich selbst für ideal. Du solltest nicht länger sitzen und Dein Kind betteln, etwas zu essen. Räume den Tisch ohne Kommentar ab und Dein Kind kann anderen Aktivitäten nachgehen. Bis zur nächsten Mahlzeit gibt es dann nichts Grösseres zu essen.

  6. Gesundes Essen NICHT mit Süssigkeiten belohnen: Manchmal höre ich, dass Eltern ihren Kindern Süssigkeiten geben, wenn sie etwas Gesundes gegessen haben. Langfristig wird für ein Kind die gesunde Ernährung so zur ungeliebten Aufgabe, quasi “Ich muss das runterwürgen, damit ich etwas Leckeres bekomme.”.

  7. Nur Wasser oder Tee zwischen den Mahlzeiten: Kalorienhaltige Flüssigkeiten sind wie kleine Mahlzeiten. Werden diese zwischendurch immer wieder konsumiert, dann kann sich der Magen nicht entleeren und es entsteht kein richtiges Hungergefühl.

  8. Du entscheidest, was wann auf den Teller kommt. Dein Kind entscheidet, wieviel es davon essen will. Gut ist eine Mischung und neuen und bekannten Speisen bzw. gesunden (z.B. Karotten) und weniger gesunden (z.B. Pommes) Nahrungsmitteln.

  9. Essen ist etwas Normales. Du musst Dein Kind weder bitten zu essen, noch es loben, wenn es mal etwas Gesundes gegessen hat.

Es gibt viele Menschen, die Probleme mit dem Essen haben. Du kannst Dein Kind davor schützen, indem Du für eine entspannte familiäre Atmosphäre sorgst, in der das Essen nicht zum Hauptthema hochgeschaukelt wird.

Diese Entspanntheit wird Deinem Kind auch später helfen, wenn es alt genug ist, um gesellschaftlichen Druck (z.B. Körperbild, Kleidung, Verhalten) zu spüren.

Wenn Dein Kinderarzt Dir nun tatsächlich bestätigt hat, dass Dein Kind gesundheitlich sonst okay ist und seine Wachstumsverzögerung nur auf seinen fehlenden Appetit zurückzuführen ist, dann findest Du auch Hilfe in den “Mami-Heilt”-Kursen. Dort findest Du z.B. ein Schröpfschema zur Stärkung bei echtem Appetitmangel und allgemeiner Lustlosigkeit.

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